Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser zur korrekten Anzeige dieser Webseite.

Kein Kino. Werkstattgespräch zur Frankenstein-Inszenierung im Schauspielhaus Zürich

MenschMaschine Frankenstein. Werkstattgespräch mit Andreas Karlaganis (Dramaturg) und Chris Kondek (Video)

Wann: 10. Dezember 2018, 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr
Wo: Kino Toni, ZHdK, Toni-Areal

Die Digitalisierung und damit verbundene Maschinenfantasien machen auch nicht vor dem menschlichen Körper halt, wie u.a. die florierende Transhumansismus-Debatte mit jüngsten Bucherscheinungen wie «To Be a Machine» (2017) von Mark O’Connell zeigt. Mensch und Maschine – so zeichnen es viele aus der Science Fiction entlehnte Dystopien und Filmadaptionen – werden sich immer ähnlicher. Die Forschung versucht nicht zuletzt mit «Body Enhancements» den menschlichen Körper aufzurüsten, um dem Effizienz- und Optimierungsdruck, der von den immer schneller, intelligenter werdenden und perfekter arbeitenden Maschinen ausgeht, etwas entgegenzusetzen. Aber wo liegen die ethischen Grenzen? Im welchen Verhältnis stehen Allmachtsfantasien und der unbremsbare technologische Fortschritt. Die Frage ist, ob uns – ähnlich wie in der «gothic novel» Frankenstein – die Pormetheus-Sage früher oder später einholen wird.

Zum Anlass des 200jährigen Jubiläums von Mary Shellys Schauerroman «Frankenstein» (1818) nimmt sich auch das Schauspielhaus Zürich den Stoff vor und übersetzt ihn in eine zeitgemässe Inszenierung. Im Rahmen der interdisziplinären Vorlesungsreihe Kein Kino ermöglicht das Werkstattgespräch unter Anwesenheit von Andreas Karlaganis (Dramaturg) und Chris Kondek (Video), Einblicke in die Frankenstein-Adaption des Schauspielhaus Zürich, die im Januar 2019 ihre Premiere feiern wird.

Moderation: Maike Thies, Wissenschaftiche Mitarbeiterin Game Design

Gäste Werkstattgespräch
Andreas Karlaganis, geboren 1975 in Bern, studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie an den Universitäten Zürich, Bern und an der FU Berlin. 2000 bis 2003 war er Regie- und Dramaturgieassistent an der Schaubühne am Lehninerplatz (Künstlerische Leitung Thomas Ostermeier und Jens Hillje), 2006 bis 2011 Dramaturg am Schauspielhaus Graz (Intendanz Anna Badora). 2011 wechselte er ans Residenztheater München unter der Künstlerischen Leitung Martin Kušejs. Er entwickelte Produktionen mit Martin Kušej, Friederike Heller, Dušan David Pařízek, Gísli Örn Garðarsson, Radu Afrim, Tina Lanik, der Handspring Puppet Company, Calixto Bieito, Alexander Riemenschneider, Viktor Bodó, Ingo Berk, Christina Rast, Anna Badora, Theu Boermans u.v.a. Seit der Spielzeit 2013/14 ist Andreas Karlaganis Dramaturg am Schauspielhaus Zürich, seit der Spielzeit 2015/16 geschäftsführender Dramaturg und stellvertretender Intendant.

Chris Kondek, geboren 1962 in Boston, experimentiert erstmals Mitte der Achtzigerjahre in der New Yorker Theaterszene mit Videos. In den Neunzigerjahren arbeitet er u.a. für Robert Wilson, Michael Nyman und Laurie Anderson. Seit 1999 lebt Kondek in Berlin, wo er 2000/01 an drei Inszenierungen der Berliner Volksbühne beteiligt ist; unter der Regie von René Pollesch werden innerhalb einer Spielzeit verschiedene Filme auf die Bühne gebracht. Weitere Projekte mit wichtigen Regisseuren folgen, bald auch mit der Choreografin Meg Stuart. Ab 2003 arbeitet er regelmässig mit Stefan Pucher zusammen, in dessen Inszenierungen Videos eine wichtige Rolle spielen: „Othello“ wird 2005 zum Berliner Theatertreffen eingeladen, drei Jahre später dann „Der Sturm“. Andere Regisseure sind Sebastian Baumgarten, Wanda Golonka, Armin Petras, Falk Richter, Jossi Wieler und Rimini Protokoll.

Über die Inszenierung: «Frankenstein» am Schauspielhaus Zürich
«If I cannot inspire love, I will cause fear», ruft das gedemütigte namenlose Monster in Mary Shelleys «gothic novel». 1818 ist das «Jahr ohne Sommer», die Natur ist nach einem Vulkanausbruch völlig aus den Fugen. Mary Shelley, die erst 19-jährige Autorin, findet in „Frankenstein“ kraftvolle Bilder für den grössten menschlichen Tabubruch: Der Naturwissenschaftler Victor Frankenstein verschiebt eigenmächtig die Grenze zwischen Leben und Tod, indem er aus Leichenteilen ein neuartiges Wesen montiert und mit einem Stromstoss zum Leben erweckt. Er will ein «Licht über die finstere Welt giessen», dem Menschen einen guten Gefährten schaffen, die Sterblichkeit überlisten. Die Kreatur soll lernen, lesen, sogar lieben. Doch die Schöpfung misslingt und wird zur Bedrohung für ihren Schöpfer. Frankenstein kann seiner Kreatur weder entfliehen, noch sich vor ihren Ansprüchen schützen, denn das Wesen lernt tatsächlich blitzschnell. Es will geliebt werden und fordert ein weibliches Pendant. Auf die Ablehnung seiner Person und seiner Wünsche reagiert es bösartig und begeht einen ersten Mord. Frankensteins Bruder, seine Braut, sein bester Freund, sein Vater, alle kommen schliesslich durch die Gewalt des Monsters ums Leben. Viel zu spät geht Victor Frankenstein auf die Jagd und verfolgt sein Geschöpf bis zum Nordpol – wo es in der eisigen Nacht verschwindet. 200 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung beschreibt Mary Shelleys berühmter Schauerroman immer noch messerscharf den Moment eines albtraumhaften Kontrollverlustes. Wissensdurst, Kreativität und die Vision einer besseren Welt kippen in nicht mehr steuerbare Gewalt und Zerstörung.

Regie: Stefan Pucher
Bühne: Barbara Ehnes
Kostüme: Annabelle Witt
Video: Chris Kondek
Musik: Christopher Uhe

Kein Kino. Werkstattgespräch zur Frankenstein-Inszenierung im Schauspielhaus Zürich